Gerne möchte ich Ihnen meine Arbeitsschwerpunkte vorstellen, die sich in den vergangenen Jahren durch mein Studium, meine eigene pädagogische Praxis sowie mein Promotionsprojekt zum Thema Schulische Inklusion und Schulbegleitung entwickelt haben:
Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland 2009 dazu verpflichtet, ein inklusives Schulsystem aufzubauen, das den Bedarfen aller Schüler:innen – ob mit oder ohne Behinderungen – gerecht wird. Aufgrund unterschiedlicher Schulgesetze und Ausgangspositionen der einzelnen Bundesländer sowie eines unterschiedlich stark ausgeprägten politischen Willens zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind ungleiche, schleppende und teilweise stagnierende bildungspolitische Entwicklungen zu konstatieren, die die Rechte von Kindern und Jugendlichen massiv verletzen und fatale Folgen für ihre Bildungs- und Teilhabechancen haben. Um den Bildungs- und Teilhabechancen aller Kinder und Jugendlichen angemessen und zukunftsorientiert begegnen zu können, sind tiefgreifende systemische Veränderungen im Bildungs- und Schulwesen notwendig, um das Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu einem hochwertigen inklusiven Unterricht für alle Kinder und Jugendlichen sicherzustellen und damit Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten. Bundesweit müssen dafür standardisierte bildungspolitische Vorkehrungen (Gesetze, Finanzierung, Konzepte, Lehrinhalte, Methoden, Strukturen) getroffen werden. Hierfür sind ein gemeinsamer Planungsrahmen von Bund, Ländern und Kommunen für die Entwicklung eines inklusiven Bildungswesens, die Konkretisierung personeller, finanzieller, räumlicher und materieller Voraussetzungen, verlässliche Grundausstattungen sowie eine hinreichende Anzahl an Fachkräften von zentraler Bedeutung, um den individuellen Bedarfen aller Schüler:innen begegnen zu können. Der Einsatz von pädagogischem bzw. sonderpädagogisch qualifiziertem Personal, die Etablierung von Kooperationsstrukturen in mulitprofessionellen Teams, fortlaufende Unterstützungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie die Implementierung professioneller Reflexionsräume (Supervisionen, Fallbesprechungen) stellen grundlegende Voraussetzungen für die Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems dar. Weiter müssen die Vielschichtigkeit und Komplexität schulischer Inklusion sowie die Maßnahme Schulbegleitung in die Ausbildung und Lehre aller beteiligten Berufsgruppen (Regel- und Förderschullehrkräfte, Sozialarbeiter:innen, Sonderpädagog:innen und Sozialpädagog:innen) als inhaltliche Schwerpunkte implementiert werden.
Als Maßnahme zur Umsetzung schulischer Inklusion ist es die grundlegende Aufgabe von Schulbegleiter:innen, individuumsbezogen Teilhabebarrieren abzubauen, unzureichende strukturelle und personelle Rahmenbedingungen an Schulen auszugleichen und ausgehend von den individuellen Bedarfen der zu begleitenden Schüler:innen deren Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Der Einsatz von Schulbegleiter:innen stellt damit eine zentrale Maßnahme in der aktuellen Umsetzung schulischer Inklusion dar. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass dieser, wenn überhaupt, lediglich am Rande bildungs- und gesellschaftspolitischer Diskurse Beachtung zukommt. Welche Effekte diese Maßnahme der Eingliederungshilfe auf das Lernen und die Teilhabe an Bildung sowie die Inklusion, Integration, Separation oder Exklusion der zu begleitenden Schüler:innen hat, wird an keiner Stelle systematisch (wissenschaftlich) begleitet und/ oder evaluiert. Sowohl Schulbegleiter:innen als auch zu begleitende Schüler:innen, deren Eltern und Lehrkräfte scheinen mit der Ausgestaltung, dem Misslingen oder Gelingen der Maßnahme mehr oder minder alleine gelassen.
Im Rahmen meiner Promotion habe ich mich mit der Maßnahme Schulbegleitung als professionalisierungsbedürftige Praxis sowie deren pädagogischem Gehalt wissenschaftlich und differenziert auseinandergesetzt. Aus den Erkenntnissen theoretischer Analysen sowie meiner empirischen Untersuchung lassen sich zentrale Perspektiven und Anforderungen in Bezug auf die Professionalisierung der Maßnahme Schulbegleitung ableiten.
Die Konstitution der Maßnahme Schulbegleitung als Einzelfallhilfe, die daraus resultierende 1:1 Konstellation sowie die fehlende arbeitsfeldspezifische und verpflichtende pädagogische Qualifikation von Schulbegleiter:innen konnten im Rahmen meiner Doktorarbeit als wesentliche Gründe für zentrale Deprofessionalisierungstendenzen identifiziert werden. Um den zahlreichen Spannungs- und Wirkungsfeldern, die der Maßnahme Schulbegleitung aufgrund ihrer aktuellen Verfasstheit zugrunde liegen, angemessen begegnen und in der Folge das Lernen sowie die Teilhabe an Bildung für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gewährleisten zu können, bedarf es in erster Konsequenz einer verpflichtenden, standardisierten Ausbildung für Schulbegleiter:innen, die auf einem wissenschaftlich fundierten Curriculum basiert. In zweiter Konsequenz ist die Implementierung von Schulbegleitung als pädagogische Infrastrukturmaßnahme an Schulen notwendig. Schulbegleiter:innen wären dann nicht mehr als Einzelfallhilfe bei einem externen Träger angestellt, sondern würden zu rechtlich gleichgestellten pädagogischen Mitarbeiter:innen der Institution Schule und damit auch zu tatsächlichen Kolleg:innen der Lehrkräfte werden. Fragen nach Aufgaben, Zuständigkeiten, Zusammenarbeit, Abgrenzungen und Weisungsbefugnissen würden über diese Regelung in einer klaren Verantwortung des Bildungsträgers liegen und Schulbegleiter:innen besser in schulische Strukturen und Abläufe eingebunden werden können. Durch die institutionelle Implementierung von Schulbegleiter:innen würde sich zudem auch die Vorrang-Nachrang-Frage der Eingliederungshilfe nach der formalrechtlichen Abgrenzung von unterrichtlich-pädagogischen, pädagogischen und ausschließlich assistierenden Aufgaben und Tätigkeiten erübrigen. Die Rolle von Schulbegleitung könnte damit adäquater gerahmt, definiert und damit zukunftsweisend ausgestaltet werden.
Inklusion in Kindertagesstätten bedeutet, dass Kinder unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, sozioökonomischem Status und Behinderung gemeinsam und gleichberechtigt betreut und gefördert werden. Mit Blick auf die aktuelle Umsetzung von Inklusion in Kindertagesstätten sind zahlreiche Herausforderungen sowohl aus der Perspektive der Kinder als auch der Eltern und Erzieher:innen zu erkennen: Die Gestaltung einer inklusiven Einrichtungskultur, die Integration von sowie die Zusammenarbeit mit Integrations(fach)kräften, die Anpassung der pädagogischen Methoden und Materialien an die Bedürfnisse aller Kinder, der Umgang mit herausforderndem Verhalten sowie der zunehmende Mangel an notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Trotz dieser Herausforderungen ist die Förderung von Inklusion in Kindertagesstätten von großer Bedeutung, um die (soziale) Integration und Entwicklung aller Kinder zu fördern und ihr Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und Teilhabe an Bildung zu sichern.
Mentalisierung ist die Fähigkeit, dem eigenen Verhalten und dem Verhalten anderer Bedeutung zuzuschreiben, indem man die zugrunde liegenden mentalen Zustände wie Gedanken, Gefühle und Absichten in das eigene Nachdenken einbezieht. Die Mentalisierungsbasierte Pädagogik ist ein Ansatz, der in unterschiedlichen Arbeits- und Handlungsfeldern aktuell zunehmend an Bedeutung gewinnt und der den Fokus auf das Verstehen von Emotionen und pädagogischen Beziehung legt. Im Zentrum der mentalisierungsbasierten Pädagogik stehen verschiedene Ansätze und Methoden: Fokus auf Emotionen und mentale Zustände, (Selbst-)Reflexive Haltung entwickeln, Beziehungsgestaltung priorisieren, entwicklungspsychologisches Wissen einbeziehen, Gruppeninteraktionen berücksichtigen, Kollegiale Beratung und Supervision. Die Umsetzung mentalisierungsbasierter Pädagogik erfordert eine kontinuierliche Reflexion und Auseinandersetzung mit der eigenen Praxis. Sie bietet dabei ein großes Potenzial, um die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern und gelingende Lern- und Entwicklungsumgebungen zu schaffen.
Die Psychoanalytische Pädagogik setzt sich mit der pädagogischen Beziehungsgestaltung, innerpsychischen Prozessen, Entwicklungen und Institutionalisierungen in den verschiedenen pädagogischen Praxisfeldern auseinander. Im Zentrum der Psychoanalytischen Pädagogik steht das Verstehen von Beziehungsdynamiken sowie (unbewusster) Motive, Ängste und Konflikte, die das Verhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflussen. Durch die Verknüpfung von psychoanalytischen Grundlagen und Pädagogik erhalten pädagogische Fachkräfte sowohl einen verstehenden Zugang zu den Entwicklungsthemen der Kinder und Jugendlichen als auch eine Möglichkeit zur selbstreflexiven Auseinandersetzung.
Die Rekonstruktive Sozialforschung ist für die Erziehungswissenschaft im Allgemeinen und für die Themenschwerpunkte Inklusion und Sonderpädagogik im Besonderen von großer Bedeutung. Durch die Verwendung qualitativer Forschungsmethoden (Videographie, Narrative Interviews, Beobachtungen | Sequenzanalyse, Objektive Hermeneutik) können sowohl die Lebenspraxis von Kindern und Jugendlichen als auch die Perspektiven und Erfahrungen der pädagogischen Fachkräfte differenziert untersucht werden. Auf diese Weise können Barrieren und Herausforderungen in Bezug auf die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen identifiziert und daran anknüpfend interventionspraktische Angebote abgeleitet werden.